Editoral
Die kehrte Absicht, politisch vorteilhaft in die kraftvoll erscheinende Entscheidung eines Rechtsanspruchs gegossen, bringt zusehends die in Schwitzen, die die Suppe auslöffeln müssen. Etwa ein gutes halbes Jahr, bevor es einen Betreuungsplatz für jedes Kind unter drei Jahren geben muss, drene Eltern dies wünschen, fehlen noch fast 200.000 Plätze. Möglicherweise werden es noch mehr, denn die Quote der Eltern, die einen Platz suchen, könnte höher als ursprünglich erwartet liegen.
In vielen Kommunen wird das Ziel im verbleibenden halben Jahr kaum zu erreichen sein, Klagen drohen. In der Diskussion ist deshalb, notfalls Qualitätsstandards abzusenken. Im Einzelfall würde die Freie Wohlfahrtspflege einer sinnvollen Regelung zustimmt, wenn einzelne Rahmenbedingungen unterschritten wurden. Grundsätzlich aber gilt: Wir müssen am erreichten und vereinbarten Standard festhalten.
Dieser Standard ist, was Räume und Betreuungsquote angeht, kein Luxus sondern notwendiges Mindestmaß. Wenn wir uns einig sind, dass Kinder unsere Zukunft sind, dann müssen wir die Konsequenz daraus ziehen und ihnen die bestmöglichen Bedingungen schaffen, um sich gut entwickeln zu können. Wie wichtig da die ersten Lebensjahre sind, ist längst unbestritten.
Die katholische Kirche in der Diözese Münster hat in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um mehr Plätze für unter dreijährige Kinder zu schaffen. Zum Stichtag 1. März diesen Jahres war die Zahl auf 2.962 gewachsen. Damit stieg die Quote von 4,75 innerhalb eines Jahres auf 6,07 Prozent der insgesamt knapp 49.000 Plätze. Die Caritas, die für die fachliche Beratung zuständig ist, bietet dazu spezielle Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen an.
Jetzt müssen alle Kräfte gebündelt werden, um den Rechtsanspruch zu verwirklichen und den absehbar darüber hinaus gehenden Bedarf aufzufangen. Die Bundesregierung hat ihn beschlossen. Wenn die von ihr zur Verfügung gestellten Mittel nicht reichen, muss sie kurzfristig nachlegen. An mangelndem Geld muss es nicht scheitern, wenn gleichzeitig für das Betreuungsgeld Milliarden fließen sollen.