Jeder ist anders und das ist normal
Die Kindertagesstätte St. Martin in Frankfurt betreut schon seit über zwölf Jahren Integrationskinder. Sozialcourage sprach mit Einrichtungsleiterin Eleni Chaita über ihre Erfahrungen:
Wie viele Integrationskinder betreuen Sie und welche Behinderungen haben diese?
Derzeit betreuen wir sechs Integrationskinder mit einer Entwicklungsverzögerung. Wir haben keine schwer körperlich oder geistig behinderten Kinder. Unsere Räume sind hierfür nicht geeignet. Wir haben keine Rampe, keinen Aufzug. Nur eine Treppe führt zu den Gruppenräumen im ersten Obergeschoss. Auch müssten unsere Mitarbeiter anders geschult werden, was aber kein Problem wäre, wenn der Bedarf angemeldet würde, auch schwerbehinderte Kinder aufzunehmen. Wir hatten aber bisher keine einzige Anfrage in diese Richtung. Durch die Integrationskinder haben wir kleinere Gruppen, statt 22 nur 20 Kinder, und es stehen uns zwei Fachkräfte mehr zu. So können wir die Kinder individuell besser fördern. Doch das machen wir eh schon und zwar mit allen Kindern. Wir schauen: Wer braucht was?, und das bekommt er dann auch.
Wie kommen die Integrationskinder zu Ihnen?
Meist läuft das über ein ganz normales Anmeldeverfahren. Oft wissen die Eltern gar nicht, dass ihr Kind entwicklungsverzögert ist. Vielleicht ahnen manche, dass es ein Problem hat. Meist stellen wir im Laufe der Eingewöhnungsphase oder im ersten Kindergartenjahr fest, dass eine Behinderung vorliegt. Im Elterngespräch versuchen wir dann ganz vorsichtig unsere Beobachtungen zu beschreiben und das Problem anzusprechen. Wir sagen den Eltern auch, dass der Kinderarzt der erste Ansprechpartner ist, der bei Bedarf eine Weiterbehandlung durch das Sozialpädiatrische Zentrum oder einen Psychologen empfiehlt. Fühlen sich die Eltern nicht in der Lage, selbst zum Arzt zu gehen, begleiten wir sie selbstverständlich.
Welche Erfahrungen haben Sie damit, dass behinderte und nichtbehinderte
Kinder gemeinsam in die Kita gehen?
Nur positive. Die entwicklungsverzögerten Kinder lernen unglaublich viel von den anderen Kindern. Auch haben Kinder kein Problem damit, dass jemand anders ist. Sie wissen, der eine kann nicht so gut laufen, der andere nicht so gut sprechen, aber jeder ist anders und das ist normal. In der Regel sind es die Erwachsenen, die die Unterschiede benennen und problematisieren.
Würden Sie auch stärker behinderte Kinder aufnehmen?
Wie gesagt, wenn der Bedarf da ist, auf jeden Fall mit den nötigen räumlichen Veränderungen, einer Verbesserung des Betreuungsschlüssels und entsprechender Fortbildung der Mitarbeiter. Unser Leitbild ist: Wir sind für alle da. Auch bin ich der Meinung: Wenn wir Kinder ausschließen, sind sie auch in der Gesellschaft ausgeschlossen. Und da spielt es keine Rolle, ob diese Kinder nun arm sind oder eine Behinderung haben.